Wal? / Nahrung?
09.09.2017, Braunschweig, Ritterbrunnen. Partizipative Installation.
Kooperation mit Greenpeace Braunschweig.
#Mikroplastik #Experimentelle Empirie #Speculative Design #Irritation
Leitende Fragestellung
Wie können dystopische Erzählungen mit einem partizipativen Moment verknüpft werden und individuelle Auseinandersetzung mit ökologischen Herausforderungen im Kontext eigener Verhaltensweisen und Konsumentscheidungen begünstigen?
Hintergrund
Der Mensch stellt einen der stärksten Einflussfaktoren auf seine (Um-) Welt dar. Aus reinem Selbstschutz könnte angenommen werden, dass ein gewissenhafter Umgang mit Erde und Ökosystem selbstverständlich, unerlässlich ist. Dennoch zeichnet sich die negative Einflussnahme des Menschen deutlicher denn je in unterschiedlichsten Systemen ab: Umweltverschmutzung ist einer davon. Als besonders problematisch stellen sich hierbei die Produktion, der Gebrauch und Verschleiß, sowie die Entsorgung von Kunststoffprodukten, sowie daraus entstehende Abfälle und Mikroplastikpartikel dar. Solche Partikel nehmen mehr und mehr Einzug in jegliche Ökosysteme und treffen insbesonderen marine Bereiche schwer. Kunststoffe gelangen auf unterschiedlichste Weise in die Meere. Dies kann durch unsachgemäße Deponierung oder nicht fachgerechte Entsorgung von Abfällen, durch Haushaltsabwasser, durch Müllentleerung von Schiffen im Meer, durch im Meer verloren gegangene Fischernetze oder viele weitere Einflüsse geschehen. Solche Vorkommnisse sind jedoch nicht ausschließlich mit Küstenregionen zu verknüpfen, denn auch über fließende Gewässer des (tieferen) Inlands kann eine Verbindung zum Meer bestehen. Während größere Kunststoff-Abfälle in den Meeren zum vorzeitigen Verenden der Tiere durch etwa Erstickungen oder Verhungern führen können, kann die lipophile Eigenschaft des Mikroplastiks dazu führen, dass die Kunststoffpartikel zusätzliche Schadstoffe temporär aufnehmen und zu späteren Zeitpunkten abgeben können - im Körper der Tiere. Und schließlich wieder auf den Tellern der Menschen, die, bei gleichzeitig stattfindender unachtsamer Überfischung, Meerestiere als Nahrung verstehen. Dementsprechend lässt sich ein Kreislauf beobachten, der unter anderem dazu führt, dass sich das gesundheitsschädliche Bisphenol A (BPA) mittlerweile bei 90% aller Menschen in industrialisierten Staaten finden und über eine Urinprobe nachweisen lässt. Neben notwendiger Verbesserungen von beispielsweise Klärsystem zur Filterung von Mikroplastik, muss der gesamte Lebenszyklus von Kunststoff neu, systemisch gedacht und überarbeitet werden. Dennoch besitzen Verbraucher*innen einen essenziellen Einfluss und können durch ihr Konsumverhalten das weitere Fortschreiten des Mikroplastiks zwar nicht rückgängig machen, aber eindämmen.

Zum Aufbau der Installation
Eine weiß lackierte Kinderschaufensterpuppe sitzt auf dem Boden, bizarr einladend, sich dazu zu gesellen. Vor der Puppe befindet sich ein Teller auf dem ein Hering platziert ist, gefüllt mit Plastikpartikeln. In der rechten Hand hält die Puppe eine Gabel und in der linken ein Messer. Am Fisch ist ein Preisschild mit folgendem Text befestigt: Nahrung? (2017). Der Teller stellt das Zentrum mehrerer konzentrischer Kreisen dar, die sich großflächig auf dem Boden abzeichnen. Eine zweite weiß lackierte Schaufensterpuppe liegt auf einer alten Europalette. Die Puppe besitzt keinen Kopf. Aus dem Bauch quillt eine undefinierbare Masse in greller Farbe heraus, welche mit vielen kleinen Partikeln versehen ist. Am Fuß der Puppe ist ein Namensschild befestigt, das an ein Identifikationsschild einer Leiche erinnert. Darauf befindet sich folgender Text: Wal? (2018). Um den Aufbau herum befinden sich mehrere Informationsschilder mit der Einladung zum Verweilen auf einer bereitgestellten Sitzbank, sowie dem Hinweis auf eine eigens eingerichtete automatisierten Hotline, die weitere Informationen zur Intervention bereithielt und dazu aufforderte einen Kommentar auf der Mailbox zu hinterlassen.